Verifikation von Brandsimulationsprogrammen für die praktische Anwendbarkeit
- angefertigt von Thomas Kolb am Lehrstuhl für konstruktive Bauphysik der Universität Stuttgart
- Leiter: Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. sc.techn. h.c. Dr. E.h. mult Karl A. Gertis
- Betreuer: Dr.-Ing. Ulrich Max
Jedes Jahr werden Beträge in Millionenhöhe in Brandversuche investiert. Sie dienen unter anderem der Untersuchung der Ausbreitung von Feuer und Rauch in Gebäuden und Gebäudeteilen. Doch sie sind teuer und aufwendig. Das macht sie nur für große Bauvorhaben erschwinglich (sofern man überhaupt einen solchen Versuch realistisch durchführen kann). Außerdem berücksichtigen sie jeweils nur eine mögliche Brandlast Konstellation. Es wäre also durchaus wünschenswert, das Brandverhalten am Computer zu simulieren. Neben den großen Einsparungen wären ohne großen Aufwand beliebig viele Parameterstudien möglich.
Solche Programme existieren schon seit mehreren Jahren und sie werden in zwei Gruppen unterteilt: Die Zonen- und die Feldmodelle. Feldmodelle wie das Programm Cobra basieren auf kleinen Kontrollvolumina, mit deren Hilfe ähnlich wie bei der Finiten-Element-Methode der Statik die zeitlichen Abläufe des Brandgeschehens bestimmt werden. Sie liefern lokale Aussagen an allen gewünschten Bereichen, sind aber verhältnismäßig langsam.
Zonenmodelle hingegen fassen Bereiche mit gleichen oder ähnlichen Eigenschaften zu (über die Brandzeit volumenvariablen) Zonen zusammen. In der Regel sind dies im Brandraum drei: Die Heißgasschicht, die Kaltgasschicht und der Plume.
Zonenmodelle wie das in dieser Arbeit verwendete MRFC treffen zwar nur globale Aussagen in diesen Schichten, sind aber dafür extrem schnell und auf fast jedem PC einsetzbar.
Um die Richtigkeit der Berechnungsergebnisse dieser Programme zu gewährleisten, ist eine Verifikation notwendig. Es müssen dazu Messungen realer Versuche am PC nachgerechnet und verglichen werden. Ist die Übereinstimmung in vielen Fällen ausreichend genau, kann man davon ausgehen, daß solche Programme zuverlässig arbeiten und in Zukunft auch selbständig eingesetzt werden können.
Um aber effektiv rechnen zu können, müssen dem Anwender vorher die Grundlagen der Brandsimulations-Rechnung klar sein. Das Mehrzonen- Mehrraummodell MRFC arbeitet durch iteratives Lösen von Energie- und Massenbilanzen, die durch die allgemein bekannten Gleichungen des Wärmetransports (Leitung, Konvektion und Strahlung) und -übergangs aufgestellt werden. Diese Gleichungen werden für jeden Zeitschritt solange variiert, bis sie in ausreichender Genauigkeit übereinstimmen. Dann erfolgt ein neuer Zeitschritt und die Berechnung wird solange fortgesetzt, bis die vorgegebene Zeit erreicht ist.
Um eine Brandsimulationsrechnung durchzuführen sind folgende Schritte notwendig:
- Auswahl und Überprüfung von Simulationsdaten
- Modellierung des Szenariums
- Durchführung der Simulation und Parameterstudien
- Plausibilitätsbetrachtung der Ergebnisse
- Eventuell Verifizierung der Rechenergebnisse mit dem Experiment
Die Simulationsdaten können oft weitgehend aus den Planungsunterlagen des Bauwerks entnommen werden. Auch statistische Erhebungen liefern oft gesuchte Werte. Manche Daten sind jedoch nicht verfügbar und müssen abgeschätzt werden. Für unsichere Parameter ist dann bei der Simulation eine Variation durchzuführen, um die Streubreite der Ergebnisse festzustellen. Andere Werte müssen den Rechenparametern angepaßt werden. So sind z.B. in MRFC nur quaderförmige Räume zugelassen. Nach der Simulation ist eine Plausibilitätskontrolle unerläßlich. Hier werden die Ergebnisse dahingehend überprüft, ob sie auch in einem realistischen Rahmen liegen. Falls es sich um die Nachrechnung eines realen Versuchs gehandelt hat, müssen jetzt die Ergebnisse verglichen und eventuellen Unstimmigkeiten nachgegangen werden.
In der Diplomarbeit wurden insgesamt sechs reale Brandversuche mit MRFC nachgerechnet. Als Beispiel wird hier das Vorgehen beim Versuch „Roland“ der MFPA Leipzig geschildert. Es handelte sich hierbei um einen Bürobrand ausgehend von einem Papierkorb. in einem etwa 5 x 3 m großen Raum mit zwei Öffnungen. Als Meßkurven lagen verschiedene Temperaturverläufe, die Gas-Zusammensetzung und die Abbrandrate vor. Außerdem waren zumindest die relevanten Eingabedaten durch die Versuchs-Dokumentation verfügbar. Lediglich die Abbrandrate, die Ausbreitungs-Geschwindigkeit, die Flashover-Parameter und die Kontraktionskoeffizienten mußten variiert werden. Als Abbrandmodell wurde zunächst ein geometrisches Ausbreitungsmodell verwendet.
Sauerstoffgehalt, erste Berechnung
Als Grund wurde angenommen, daß die Flügelwand außen einen geringeren Kontraktionskoeffizienten verursacht hat.
Nach einer Durchgeführten Parametervariation konnte für eine spezifische Abbrandrate von 60 kg/(m2 h), einer Flashover-Temperatur von 600 °C und einem Kontraktionskoeffizienten von 0,65 statt 0,7 eine sehr gute Übereinstimmung erzielt werden. Allerdings trat auch hier wieder die starke Abweichung nach 25 Minuten auf.
Sauerstoffgehalt nach Variation
Aus diesem Grund wurde nun noch die Simulation eines sogenannten Designfires vorgenommen. Dazu wurde die gemessene Abbrandrate leicht abgewandelt (da ein Teil der Brandlast nach Eintritt des Flashovers erst außerhalb des Raumes verbrennt) und als Grundlage für einen neuen Durchlauf genommen. Das Ergebnis war eine in allen Bereichen sehr gute Übereinstimmung.
Abschließend kann also gesagt werden, daß bei ausreichender Erfahrung und Sachkenntnis des Benutzers MRFC ausreichend gute Ergebnisse liefert. Allerdings ist auf eine sorgfältige Parameterauswahl und eine Variation von kritischen Werten unbedingt notwendig. Im Bereich der Abbrandmodelle sollte noch eine gründliche Überarbeitung stattfinden.
Im Rahmen dieser Homepage kann leider nur ein sehr grober Überblick über die Arbeit geboten werden. Falls Sie sich mehr für dieses Thema interessieren, mailen Sie uns.